Eigentlich hatten sich alle damit abgefunden, dass es für die Handballdamen der ISV in der neuen Saison in der Oberliga weitergeht. Dann kam der Anruf des DHB. In der 3. Liga sei doch noch ein Platz frei, hieß es. Nach Abwägen aller Risiken sagte der Club nun zu und spielt künftig in Liga drei um Meisterschaftspunkte.
Es war quasi ein Prozess von über drei Monaten. Nach dem Saisonabbruch im Handball wegen der Corona-Pandemie hatten die Damen der Ibbenbürener SV mit dem Spieljahr abgeschlossen. Als Drittplatzierter der Oberliga war klar, dass sie auch im Nachrückverfahren nicht für den Aufstieg in die 3. Liga in Frage kommen würden. „Darüber waren die Mädels schon damals enttäuscht“, blickt Trainer Sascha Zaletel zurück. Nun sieht es anders aus. Seit dem späten Donnerstagabend steht fest: Die Frauen der ISV steigen, wie am Freitag kurz berichtet, doch auf und spielen künftig in der 3. Liga.
„Dann stand das Handy nicht mehr still.“ Carola Reupert hat aufregende Tage hinter sich. Die Handball-Abteilungsleiterin der ISV hat am vergangenen Dienstag einen Anruf bekommen, den sie zunächst für einen Scherz gehalten hat. Am anderen Ende der Leitung: Ein Mitarbeiter des Deutschen Handball-Bundes. Und der teilte mit, dass in der 3. Liga aufgrund des Rückzuges einer Mannschaft ein Platz frei geworden sei, verbunden mit der Frage, ob die ISV nachrücken wolle. Der Haken an der Sache: Bis zum Abend, also innerhalb von nur sechs Stunden, sollte sich der Verein entscheiden.
„Da habe ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt“, sagt Carola Reupert. Einige Mitglieder des Handballvorstandes waren im Urlaub. Ergo waren nur Telefonkonferenzen möglich. „Als sich ein positives Ergebnis abzeichnete, habe ich während der Telko wieder mit dem DHB Kontakt aufgenommen und um Verlängerung der Frist gebeten. Die wurde dann bis Freitag gewährt.“
„Am Dienstag war zum Glück auch Training“, äußert Sascha Zaletel. „Da waren alle Mädels da. Die haben wir nach ihrer Meinung gefragt. Und alle waren dafür. Sie wollten es versuchen und haben sich richtig gefreut.“ Dann ging es erst richtig los. Neben dem Handball- musste auch der Vereinsvorstand seine Zustimmung geben. Zentrale Frage: Ist die 3. Liga wirtschaftlich überhaupt zu stemmen? „Der Zuspruch war dann aber groß“, freut sich die Handballabteilungsleiterin. „Auch alle Sponsoren haben spontan weiterhin ihre Unterstützung zugesagt und die Zuwendungen zum Teil sogar erhöht.“ Zudem wurden weitere Sponsoren akquiriert. Da haben sich auch die Spielerinnen hervorgetan und neue Geldgeber besorgt.
Nach weiteren unzähligen Telefonaten und Gesprächen wie Carola Reupert versichert, sei dann am Donnerstagabend die Entscheidung pro 3. Liga gefallen. „Der Aufstieg war ja eigentlich schon vom Tisch“, erläutert der ISV-Vorsitzende Volker Schwabe. „Als dann doch plötzlich wieder die Möglichkeit bestanden hat, war die Euphorie riesengroß. Nach Abwägen der Chancen und Risiken waren alle einstimmig dafür, die Herausforderung 3. Liga anzugehen. Ich freue mich für die Mannschaft, die es verdient hat. Sie war in den vergangenen Jahren in der Oberliga ja immer schon vorne mit dabei.“
Dass die 3. Liga eine echte Hausnummer darstellt, finanziell wie sportlich, ist allen bewusst. „Aber wir wollen diese Chance nutzen“, freut sich Spielführerin Julia Weßling, wie auch all ihre Kolleginnen. „Das wird eine Riesenherausforderung, aber wir wollen es einfach anpacken. Der Zusammenhalt in der Mannschaft ist groß.“
Das bestätigt Trainer Sascha Zaletel. Für ihn war das grüne Licht des Vereins das größte Geschenk, feierte er am Donnerstag doch seinen Geburtstag. Er weiß, dass auf das Trainerteam und die Mannschaft viel Arbeit zukommt. Aber es überwiege einfach die Vorfreude, sagt er. Er geht in sein elftes Trainerjahr. Als er die Damen-Mannschaft vor zehn Jahren übernommen habe, spielte sie noch in der Kreisliga: „Jetzt sind wir in der 3. Liga, Wahnsinn.“
Nun gilt es, die Ärmel aufzukrempeln. Die Vorbereitung auf die Saison, die voraussichtlich Anfang September beginnt, läuft bereits. Nach einem Aufgalopp mit zunächst zwei Einheiten folgen bald schon mindestens drei Einheiten wöchentlich.
Mit Anne Klostermann und Denise Wöllmer verlassen zwei Spielerinnen den Verein. Alle anderen bleiben. Mit einem Zugang steht die ISV kurz vor dem Abschluss. Weitere sollen folgen. „Spielerinnen jetzt noch zu verpflichten, ist aber sehr schwer“, weiß Zaletel. „Wir sind spät dran, die meisten stehen längst bei ihrem Verein im Wort.“ Allerdings stellt Ibbenbüren durch den Aufstieg eine gute Adresse im Damen-Handball dar. Mit SFN Vechta ist der nahe gelegenste Drittligist über 80 Kilometer entfernt. Die Konkurrenz auf diesem Niveau ist also überschaubar. „Wir werden sicherlich nicht mehr die absolut überragende Spielerin bekommen“, glaubt Sascha Zaletel, „aber die Mannschaft ist jung und hungrig. Und wir haben ein funktionierendes Kollektiv.“
Die Staffeleinteilung erfolgt am 18. Juli. Dann werden die ISV-Damen wissen, wer ihre Gegner in der ersten Drittliga-Saison der Vereinsgeschichte sein werden.
Quelle: IVZ-Aktuell vom 5.07.2020 17:29